Musik in der Klosterkirche Muri

Die Freunde der Klosterkirche unterstützen die Musik in der Klosterkirche Muri!
Der grösste oktogonale Sakralraum der Schweiz beeindruckt durch seine fabelhafte Akustik. Hier werden Konzerte an fünf Orgeln und Musik von vier Emporen zu einzigartigen Klangerlebnissen. Ihr Beitrag ermöglicht jedes Jahr von Mai bis September ein hochstehendes musikalisches Angebot.
Konzerte finden nicht nur im Oktogon, sondern auch im Hochchor und im Kreuzgang statt. In der einmaligen Atmosphäre dieser kleineren Räume kommen Musiker und Zuhörer einander besonders nahe. Festliche Gottesdienste, in denen Liturgie und Musik einander auf Augenhöhe begegnen, sind fester Bestandteil der Musik in der Klosterkirche Muri und schaffen Zugang zur Spiritualität der Benediktiner.

Künstlerischer Leiter

Der gebürtige Österreicher Johannes Strobl erhielt seinen ersten Klavier- und Orgelunterricht an der Musikschule in Spittal an der Drau bei Hermann Zeyß. Seine Ausbildung an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst «Mozarteum» in Salzburg bei Heribert Metzger schloss er mit dem Lehr- und Konzertdiplom im Fach Orgel sowie mit dem A-Diplom in Katholischer Kirchenmusik jeweils mit Auszeichnung ab. Es folgte ein umfassendes Studium der Alten Musik an der Schola Cantorum Basiliensis bei Jean-Claude Zehnder (Orgel), Jörg-Andreas Bötticher (Cembalo), Jesper Christensen (Generalbass) und Rudolf Lutz (Improvisation). Kurse bei Michael Radulescu, Luigi Ferdinando Tagliavini, Harald Vogel, Almut Rössler und James David Christie ergänzten seine Ausbildung.

Johannes Strobl ist Preisträger des Innsbrucker Paul-Hofhaimer-Wettbewerbs 1998. Seine Konzerttätigkeit als Solist und Ensemblemusiker führte ihn durch viele Länder Europas bis nach Israel, Japan, in die USA, nach Brasilien und Argentinien.

2001 wurde Johannes Strobl zum Kirchenmusiker der Pfarrei Muri AG gewählt. In dieser Funktion betreut er die bedeutende historische Orgelanlage der Kirche des ehemaligen Benediktinerklosters und ist künstlerischer Leiter der weit über die Kantonsgrenzen hinaus beachteten Reihe «Musik in der Klosterkirche Muri». 8 CD-Aufnahmen dokumentieren seine Arbeit als Organist und Dirigent an der Klosterkirche Muri.

Seine Kenntnisse und Erfahrungen gibt Johannes Strobl seit 2011 als Dozent an der Hochschule Luzern – Musik einer neuen Musikergeneration weiter.

Orgelanlage

Die Orgelanlage der Klosterkirche Muri mit drei historischen Emporenorgeln aus dem 17. und 18. Jahrhundert ist ein Kunstdenkmal von europäischem Rang. Die prachtvollen Gehäuse fügen sich harmonisch in den grossartigen barocken Kirchenraum ein, und der Orgelklang kann sich dank hervorragender Akustik wunderbar entfalten.

Die Grosse Orgel, von Thomas Schott aus Bremgarten im Jahre 1630 fertiggestellt, erlebte eingreifende Umbauten im 19. und anfangs des 20. Jahrhunderts. Sie wurde in den Jahren 1965 bis 1972 in ihrer äusseren Erscheinung wieder auf den ursprünglichen Zustand zurückgeführt und ihre Klanggestalt unter Wiederverwendung der noch vorhandenen Schott-Pfeifen dem Original angenähert.

Die beidseits der Chorschranke in Emporennischen platzierten Lettnerorgeln wurden 1743 von Joseph und Viktor Ferdinand Bossart aus Baar erbaut. Nach der Klosteraufhebung 1841 verfielen sie und wurden erst in den Jahren 1961/62 wieder spielbar gemacht und restauriert. Die Evangelienorgel ist weitgehend original erhalten, die Epistelorgel erfuhr anfangs des 19. Jahrhunderts geringfügige Eingriffe und nach 1832 eine Dispositionsänderung, die bei der Restaurierung rückgängig gemacht wurde.

Zur instrumentalen Ausstattung der Klosterkirche gehören noch zwei Nachbauten verloren gegangener Kleinorgeln: ein Regal aus dem Jahre 1639 von Johann Christoph Pfleger und eine Tragorgel aus der Zeit 1777/78 von Karl Joseph Maria Bossart.

In der seit Anfang der 1960-er Jahre bestehenden Konzertreihe «Musik in der Klosterkirche Muri» erklingen diese fünf Orgelinstrumente im Zusammenspiel mit Instrumental- und Vokalmusik aus der Zeit.

Eine kurzgefasste Orgelgeschichte finden Sie im nächsten Abschnitt. Diese und die Dispositionen der Orgeln können Sie als PDF herunterladen:


Eine ausführliche Orgelgeschichte des Klosters und detaillierte Beschreibungen der Instrumente sind in folgenden Publikationen dargestellt:

in knapper Form in der Schrift:

  • Die Orgeln der Klosterkirche Muri und ihre Geschichte
    von Dieter Meier und Egon Schwarb, erschienen in der Reihe Schweizerische Kunstführer GSK (2007).

in Buchform mit grossformatigen Bildern, Quellennachweis und Transkriptionen aller Archivalien:

  • Die Orgeln der Klosterkirche Muri
    von Dieter Meier, Verlag Hier und Jetzt, Baden (2010).

Diese finden Sie unter Publikationen

Seither aufgefundene weitere Dokumente führten zu Ergänzungen und Korrekturen dieser Darstellungen. Die Forschungsergebnisse stehen Interessenten als PDF zur Verfügung im Abschnitt Neues zur Baugeschichte der Orgeln.

Orgelgeschichte

In der romanischen Basilika aus dem 12. Jahrhundert hing wahrscheinlich schon früh eine Schwalbennestorgel an der nördlichen Wand des Langhauses. Die ersten sicheren Nachrichten über Orgeln stammen allerdings erst aus dem 16. Jahrhundert: 1557 baute Balthasar Mygel aus Basel eine neue Orgel, vermutlich auf eine Empore zwischen den Türmen, und 1586 renovierte Peter Johann Rietsch, ebenfalls aus Basel, die alte Schwalbennestorgel und versetzte sie auf den 1528 errichteten Lettner.

Im Jahre 1619 schloss Abt Johann Jodok Singisen einen Vertrag mit dem Orgelbauer Thomas Schott aus Bremgarten für eine grosse Orgel mit Hauptwerk, Rückpositiv und Pedal, die auf eine neue Westempore zu stehen kam. Das im Wesentlichen noch der Renaissance verpflichtete Instrument wurde 1630 fertiggestellt und besass 32 Register. 1663 baute der Konventuale P. Jodocus Schnyder eine neue Orgel auf den Lettner und um dieselbe Zeit ein kleineres Instrument für die Abtskapelle.

In den Jahren 1695 bis 1697 erfolgte der Barockumbau der Klosterkirche zur heutigen Gestalt mit dem kuppelüberwölbten Oktogon im Zentrum. Der Lettner wurde abgebrochen und beiderseits des Chorbogens entstanden zwei Emporennischen, die sich auch gegen das Querhaus öffnen. Auf der Epistelseite stellte Hans Melchior von Zuben aus Unterwalden 1696 die Schnyder-Orgel wieder auf und baute in die Nische auf der Evangelienseite ein neues Instrument. Im Westen wurde das Schiff über die Turmfront hinaus verlängert und die Schott-Orgel auf einer neuen, zurückgesetzten Empore wieder aufgerichtet. Unmittelbar vor der Umgestaltung des Innenraumes im Stile des Rokoko liess Fürstabt Gerold I. Haimb im Jahre 1743 beide Lettnerorgeln ersetzen durch neue Instrumente von Joseph und Viktor Ferdinand Bossart, den ersten Vertretern der berühmten Orgelbauerdynastie aus Baar im Kanton Zug.

Die Grosse Orgel

Das 1630 von Thomas Schott erbaute Instrument erfuhr 1744 durch Joseph und Viktor Ferdinand Bossart folgende Veränderungen: eine neue Windversorgung mit 7 Keilbälgen und – als einzigen klanglichen Eingriff – im Rückpositiv eine Umstellung von Coppel 4'- auf 8'-Basis und zwei neue Zungenregister. Das Orgelgehäuse wurde 1746 von Nikolaus Spiegel neu gefasst. Im Jahre 1826 renovierte Franz Joseph Remigius Bossart die Orgel, erweiterte die Manualklaviaturen bis f3 und brachte zwei kleine Änderungen an der Disposition an.
Der erste gravierende Eingriff ins Schott'sche Konzept geschah 1833/34 durch Conrad Bloch aus Aesch BL, der das Rückpositiv als Oberwerk auf das Hauptwerkgehäuse versetzte. Dies ging einher mit einigen Dispositionsänderungen bei den Manualwerken und einem Umbau der Balganlage. Gleichzeitig wurde die Empore nach vorne erweitert und mit einer neuen Brüstung aus Gips versehen. Schliesslich revidierte 1851/52 Friedrich Haas aus Kleinlaufenburg die Orgel; seine gewichtigsten Eingriffe waren eine neue Trompete 16' im Pedal, die Höherstimmung um ein pythagoräisches Komma und eine Verbesserung der Windversorgung. In diesem – noch sehr weitgehend originalen – Zustand überlebte die Schott-Orgel bis 1919. Leider führten der Zeitgeist und die Suche nach Arbeit im Gefolge des 1. Weltkrieges zu ihrem Untergang. Auf Betreiben des Luzerner Stiftsorganisten F. J. Breitenbach räumte die Firma Goll, Luzern die Orgel vollständig aus und baute ins alte Gehäuse ein neues röhrenpneumatisches Werk mit romantischer Disposition und einem freistehenden Spieltisch. Ein Teil des Schott'schen Pfeifenwerkes wurde verändert und z.T. in willkürlicher Zuordnung wieder verwendet; der Rest verschwand, ebenso die Windladen und die gesamte Mechanik.

 

Nach verschiedenen Anläufen und heftig geführten Diskussionen wurde 1965 der Entscheid gefällt, die Schott'sche Orgelanlage bezüglich Werkaufbau, Gehäuse und Emporensituation zu rekonstruieren. Auf der instrumentalen Seite musste man sich verständlicherweise auf die Wiederherstellung und originalgetreue Ergänzung des Schott'schen Pfeifenwerkes beschränken. Windladen und Mechanik wurden in traditioneller Bauweise neu gefertigt, die ursprüngliche Disposition durch einige Register erweitert und eine moderne Windversorgung mit zwei Magazinbälgen gebaut. Die gut erhaltene Fassung von 1746 musste lediglich gereinigt und ausgebessert, die fehlenden Gehäuseteile ergänzt werden. Diese Arbeiten wurden in den Jahren 1965 bis 1972 von der Orgelbaufirma Metzler in Dietikon unter massgebender Mitarbeit von Bernhardt H. Edskes und dem Restaurator der Klosterkirche, Josef Brühlmann, ausgeführt. Die Grosse Orgel besteht heute wie ursprünglich aus Hauptwerk, Rückpositiv und Pedal; sie besitzt 34 Register, wovon 16 Register alt oder teilweise alt sind. Durch erneute Prüfung der archivalischen Quellen und eine darauf basierende Untersuchung der ehemaligen Balgkammer konnten sichere Grundlagen für eine Rekonstruktion der Bossart'schen Balganlage von 1744 geschaffen werden. Im Herbst 2005 baute die Orgelbaufirma Kuhn in Männedorf nach dem Bossart'schen Konzept eine neue Balganlage mit 7 mehrfaltigen Keilbälgen, so dass die Grosse Orgel heute wieder eine ihrem Wesen entsprechende Windversorgung besitzt.

Die Lettnerorgeln

Die 1743 von Joseph und Viktor Ferdinand Bossart erbauten Instrumente unterscheiden sich in ihrer äusseren Gestalt kaum. Ihre Prospekte sind spiegelbildlich und enthalten alle 45 Pfeifen des Principal 8'. Auch der Zierrat ist bis auf die bekrönenden Engelpaare sehr ähnlich. Beide Orgeln verfügen über Manual und angehängtes Pedal mit kurzen Bassoktaven und originale Windversorgungen mit je 3 fünffaltigen Keilbälgen. Die Instrumente besitzen eine modifizierte Werckmeister-Stimmung (Quintenzirkel geschlossen); ihre gleiche Stimmtonhöhe ermöglicht alternatives und gemeinsames Musizieren.
Die Evangelienorgel hat 8 Register auf einer Windlade und ist weitgehend original erhalten; der Tonumfang geht von C bis c3 im Manual und von C bis a° im Pedal.

Die Epistelorgel hat heute 16 Register, 13 im Manual und 3 Pedalregister auf separater Windlade im Untergehäuse; der Tonumfang geht von C bis f3 im Manual und von C bis a° im Pedal. Das Instrument erfuhr anfangs des 19. Jahrhunderts einige Veränderungen, die nur zum Teil dokumentiert sind. Aktenkundig sind ein Pedalumbau von 1818 durch Michael Gassler aus Koblenz AG und die Fertigstellung der Klaviaturerweiterung bis f3 durch Franz Joseph Remigius Bossart im Jahre 1832. Eine wenig später erfolgte Dispositionsänderung, bei der die originalen Manualzungen beseitigt und die Aliquoten reduziert wurden, muss wahrscheinlich Conrad Bloch zugeschrieben werden; allerdings konnten dazu keine Dokumente gefunden werden.

Nach der Klosteraufhebung von 1841 verfielen die Instrumente; die Evangelienorgel wurde gar nicht mehr und die Epistelorgel nur noch sporadisch gespielt. Erst in den Jahren 1961/62 wurden die Orgeln – unter der Leitung von Jakob Kobelt – durch Metzler wieder spielbar gemacht und die Gehäuse durch Brühlmann umfassend restauriert. Die Disposition der Epistelorgel wurde dabei auf einen vermuteten früheren Zustand zurückgeführt, beide Instrumente rein mitteltönig temperiert und ihre Windversorgungen zusätzlich mit einem Gebläse versehen. Eine zweite Restaurierung durch Bernhardt H. Edskes 1991/92 korrigierte einen Teil der Eingriffe Metzlers, vor allem stellte sie die ursprüngliche Temperierung Bossarts wieder her.

Die Kleinorgeln

Neben den drei Emporenorgeln wurden für die Klosterkirche Muri im Verlaufe der Zeit verschiedene transportable Orgelinstrumente angeschafft: von Johann Christoph Pfleger aus Thann im Elsass 1639 ein Chorpositiv sowie zwischen 1634 und 1639 ein Regal und von Karl Joseph Maria Bossart 1777/78 eine Tragorgel. Als einziges erhaltenes Kleininstrument aus dem Kloster Muri ist letztere heute im Besitz des Landesmuseums Zürich. Ein von Pfleger 1644 für das Zisterzienserinnenkloster Frauenthal, Gemeinde Cham, gebautes Regal befindet sich in der Musikinstrumentensammlung Willisau; es darf als baugleich zum verlorenen Murenser Regal angesehen werden. In den Jahren 1991/92 wurden diese beiden Instrumente von Bernhardt H. Edskes, Wohlen AG nachgebaut. Mit diesen Stellvertretern der Originalinstrumente besteht heute das Orgelinventar der Klosterkirche Muri aus fünf Instrumenten, die regelmässig in Gottesdiensten und Konzerten erklingen.

Dieter Meier (2015)

Quellen:
Dieter Meier, Die Orgeln der Klosterkirche Muri, Verlag Hier+Jetzt Baden (2010)
Dieter Meier und Matthias Reichling, Neues zur Baugeschichte der Orgeln (2015)

Neues zur Baugeschichte der Orgeln

von Dieter Meier und Matthias Reichling 1

Im Herbst 2010 erschien das Buch «Die Orgeln der Klosterkirche Muri» von Dieter Meier, worin die berühmte barocke Orgelanlage eine umfassende Darstellung erfuhr. Aufgrund der damaligen Quellenlage verblieben etliche Unsicherheiten und Lücken in der Baugeschichte bestehen, vor allem betreffend die Orgelarbeiten von Bossart und Bloch anfangs des 19. Jahrhunderts.

Im November 2011 stiess Matthias Reichling bei Forschungen zur Tiroler Orgelgeschichte im Archiv des Klosters Muri-Gries in Bozen auf unbekannte Dokumente zu den Murenser Orgeln aus den Personalakten des Kapellmeisters P. Gerold Zwyssig , die einen wertvollen Beitrag zur Klärung von offenen Fragen zu liefern vermögen. Es handelt sich um handschriftliche, undatierte Blätter mit zwei Dispositionen der Hauptorgel aus der Umbauperiode 1826–1834 und einer Disposition der Epistelorgel nach dem Umbau von 1818.

Matthias Reichling informierte den Buchautor über den Fund und bot spontan seine Mitwirkung bei der Aufdatierung der Orgelgeschichte an. Während der gemeinsamen Arbeit an den Korrekturen schlug er vor, auch die im Buch vernachlässigte Goll-Orgel von 1920 einer genaueren Betrachtung zu unterziehen, um insbesondere das Schicksal der Schott-Pfeifen besser verfolgen zu können. Dazu war es notwendig, die seinerzeit unvollständig ausgewerteten Dokumente von Ernst Schiess nochmals gründlich zu analysieren. Sie betreffen seine Bestandesaufnahme der Schott-Orgel von 1918 und Untersuchungen der Goll-Orgel aus den Jahren 1935 und 1938. Überdies zogen wir die Bilddokumentation vom Abbruch der Goll-Orgel 1965 von Josef Brühlmann zur Klärung heran.


Die neuen Erkenntnisse wurden eingearbeitet in die folgenden Separata, die als PDF zur Verfügung stehen:

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1 Mailadressen der Verfasser:
meifluh@bluewin.ch / matthias.reichling@web.de